sabato 25 agosto 2012


Mariam

Ich näherte mich gerade dem Ende des Buches Gott 9.0 der Autoren Küstenmacher/Haberer. - Es beschreibt unterschiedliche Merkmale einer Gottesbeziehung entsprechend dem Niveau an Bewusstheit, die ein Mensch zur Verfügung oder ein Kollektiv sich im Laufe der Evolution erarbeitet hat. - Da erhalte ich die Nachricht vom Tode Mariams.
Sie war schön und warm. Sie sprach stets gut über mich und mit mir, ließ Grüße an mich ausrichten über komplizierte Wege für eine Beduinin, die weder Französisch noch Deutsch sprach. Sie wohnte in einer anderen Welt, kannte kaum Zivilisation und lebte wohl auf dem Bewusstseinsstand von Purpur.
Diese Farbe symbolisiert im Ordnungssystem von Gott 9.0 u.a. eine Bewusstseinsqualität, in der „die Sippe“ das Lebensgefühl kennzeichnet, damit Schutz, Aufgabe und emotionale Nahrung bedeutet.
Mariams Schönheit strahlte von innen heraus. Anfangs glaubte ich immer, dass ich diesen Gut-Sein-Bonus bei ihr hatte, weil sie europäische Lebensgepflogenheiten nicht kannte, und alles, was sie an mir nicht verstehen dürfte, einfach einer anderen Kultur zuschrieb. Als ich mehr erfassen konnte über die Umgangsformen der Beduinen, wurde mir allerdings klar, dass sie so nicht sein konnte. Ich glaube, dass sie keine Gründe dafür hatte. Denn sie hatte auch sonst kaum Zuordnungen. Sie ließ sich ja nicht einmal zu bewertenden Aussagen hinreißen, wenn es um das Festessen vom Nachbarn oder dem Frischegehalt des Gemüses vom Markt ging. Doch - sie musste Bewertungen gekannt haben. Denn andere Beduinen fragten mich, weshalb Mariam über mich wie eine Heilige sprach.
Dass sie in der Lage war, mich als eine Frau mit völlig anderem Verhaltenscodex in das abgestecktes Terrain der Zuneigungsverteilung von Purpur einzubinden, lässt mich annehmen, dass sich in ihrem Bewusstsein noch andere Merkmale regten, als die, die einem Naturvolk im Enneagramm der Bewusstseinsstufennnnn von Clare Graves, Ken Wilber und eben Küstenmacher sowie Habezugeordnet werden.den.

Trotz der großen Armut, die unter den Beduinen herrschte, wollte ich eines Tages nicht mehr wegen Geldbedürfnisse von ihnen angebettelt werden. Denn mein europäisches Wissen, wie man Geld nutzt, damit es nicht in irgendwelchen Armutslöchern verschwindet, konnte von den Beduinen nicht angenommen werden. Auch ohne den Prozess kollektiver Bewusstseinsetappen aus Gott 9.0 zu kennen, hatte ich gemerkt, dass jenes Naturvolk wohl ihren eignen Entwicklungsweg gehen muss, um Geld so zu verwenden, dass es längerfristig nützlich ist. Ich weiß noch mein Erschrecken über diese Erkenntnis, dass diese Menschen, die ich unterdessen heftig liebte, auf einem anderen Bewusstseinsstand stehen, selbst als jene, die mich umgaben, und an deren paradoxen Verhalten ich schon missbilligend eine gewisse Unbewusstheit festgemacht hatte.

Mariam war angenehm einfach und liebte mich genauso einfach, ohne zu fragen, warum, weshalb ich was tue. An ihrer Seite konnte ich sein, wie ich bin, ohne Angst vor Verurteilung. Sicher denken Menschen, die nicht vertraut sind im Umgang mit einem Naturvolk aus dem arabischen Kulturraum, dass es dort dieses eher dem Westen zu zu ordnende Bewerten und Kategorisieren gar nicht gibt. In einer Inshallah-Mentalität würde vieles, was ein Europäer kritisch als veränderungswürdig wahrnimmt, als Gott gegeben und unveränderbar betrachtet. Jedoch - einen Ableger der Beurteilung gibt es, die üble Nachrede. Mir schien sie sogar sehr verbreitet. Ich kann kein Arabisch, weiß jedoch von Beduinen meines Vertrauens, wie es aussieht, wenn Menschen schlecht über andere sprechen. Und diese Bild tat sich bei meinen Aufenthalten unter den Beduinen doch sehr häufig vor meinen Augen auf. Ich konnte sicher deshalb so gut beobachten, wie zwei Körper zusammen rutschten, die Lippe zu einem leicht verächtlichen Zug formten, angeregt mit einander sprachen, und dabei beider Blick auffallend lang in die Richtung einer Person fiel, weil die Betreffenden davon ausgingen, dass ich sie nicht verstehe.
Und was Mariam betraf, wusste ich, dass man über sie schlecht gesprochen hatte, weil so eine, wie ich, so häufig in der Familie zu Besuch war. Ich möchte nicht aufzählen, was einer Europäerin, die sich einbildete. angepasst und vorsichtig in einem fremden Kulturkreis zu agieren, alles so nach gesagt wird. Mariam hat nicht nur das einfach so belassen, ohne ein Wort der Verteidigung ihrer oder der Rechtfertigung meiner Person, ohne ein Wort der üblen Nachrede ihrerseits, sondern auch ihre siebenjährige Tochter in den Arm genommen, nachdem sie von ihren Mitschülerinnen wegen der Beziehung zu mir gehänselt wurde und ihren Trost ohne negative Bewertung für die anderen formuliert.
Als ich forschte, ob das normal sei, dass Mariam so war, erfuhr ich, dass ihre Art unter den Beduinen nicht üblich sei. Auf die Frage, weshalb sie so anders wäre, erklärte man mir, weil sie alles andere nicht mag.
In meinen Augen war Mariam einer purpurnen Ebene des Bewusstseinspotenzials zuzuordnen, doch dieser Wesenszug von ihr lag eher auf der gelben Entwicklungsstufe der spiralförmigen Vorstellung der Bewusstseinsentwicklung der Menschheit. Sich dem Kant'schen Kategorischen Imperativ entsprechend zu verhalten ohne ihn zu kennen, macht ein Ausmaß an Bewusstheit deutlich und sich trotz Sippenidentität so treu zu bleiben, verweist auf ein hohes Maß an Selbst- und Gottvertrauen. Ich finde für diese Gnade, das erlebt haben zu dürfen, keine angemessenen Worte, die die Tiefe dieser Art des Seins, beschreiben.

Ich dagegen war nicht in der Lage Verhaltensweisen einfach zu belassen, ohne darauf mit Emotionen zu reagieren, ohne zu kategorisieren und mit Menschen weiterhin leicht zu kommunizieren, obwohl sie sich negativ über mich geäußert hatten. Fern von ihr, in meinem Kollektiv von einem Ausmaß an Bewusstheit von Orange Grün bisweilen Gelb, stellte ich fest, dass ich das Bild, das ich von ihr hatte, mit den Eigenschaften eines mütterlichen Ideals ausgestattet war. Sie hatte meiner frühkindlichen, beigen Verlassenheitserfahrung ein wenig purpurne Geborgenheit gegeben, weil irgendein gelber oder gar türkiser Bewusstseinsfunke von ihr, mich, die aus einer feindlichen Sippe stammte, annehmen konnte. Ein Teil meines beigen Entwicklungsbedürfnisses konnte mit Hilfe dieses Bewusstseinsfunken ein wenig gestillt werden.

Dieses Mal hätte ich mir gewünscht, dass ich noch einmal um finanzielle Unterstützung für Mariams Behandlung gebeten worden wäre. Es versteht sich von selbst, dass sie das nie getan hatte. Auch wenn das ihr Sterben nicht verhindert hätte, so hätte ich erfahren, dass sie schon seit einiger Zeit im Krankenhaus lag und hätte sie dort besuchen können. Es tut weh, dass ich ihr nicht noch einmal zeigen zu konnte, dass die Grüße in meinem Herzen angekommen waren, und dass ich den Umständen, wie mich diese erreicht hatten, entnehmen konnte, dass ich für sie ein wichtiger Mensch sein musste. Nein! Dass auch sie immer in meinem Herzen ist. Denn sie würde nicht für sich wichtig oder unwichtig denken, sie würde Herz auf oder zu fühlen. Ich hätte ihr so gern von Angesicht zu Angesicht meine Dankbarkeit gezeigt, dass ich durch sie verstanden habe, dass ich gut bin, und wie wertvoll all die Entwicklungsstufen unseres Bewusstseins sind.

1 commento:

  1. Endlich kann man etwas dazu schreiben, wenn man sich dazu inspiriert fühlt. Endlich! Also dann?

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